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(Letzte Änderung: 31.12.2013)


Sponsoring und Parteienfinanzierung

Anlässlich einer Affäre um den NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers wurden im Februar 2010 die Medien auf das Phänomen Sponsoring aufmerksam. "Die CDU in Nordrhein-Westfalen hatte Ausstellungsstände auf ihrem Parteitag in einem Paket mit Gesprächsterminen mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers angeboten."[1] Rechtsexperten des Bundestags beeilten sich in der Folge damit festzustellen, dass Sponsoring nicht dem Parteiengesetz widerspreche und nicht zu beanstanden sei.[2]

In der "Süddeutschen Zeitung" wurde darauf hingewiesen, dass Regierungsapparate, Ministerien und Parteien seit einigen Jahren das Sponsoring als Möglichkeit für die Geldbeschaffung entdeckt haben, die diskret und steuerlich absetzbar sei. Sponsoring sei "spezielle und weitgehend unerforschte Form der Parteienfinanzierung". Als ein Beispiel wurde die gängige Praxis von Unternehmen genannt, Leihbeamte in Ministerien zu delegieren, die aber weiter von den Unternehmen bezahlt würden.[3]

Im Gegensatz zur Spende, so schrieb die "Zeit", wird von Sponsoren eine Gegenleistung für finanzielle Zuwendungen erwartet, beispielsweise dass Unternehmen bei politischen Veranstaltungen Präsenz zeigen dürften (Werbung) oder ihnen öffentlicher Dank ausgesprochen wird. Während Spenden von Parteien in Rechenschaftsberichten ausgewiesen werden müssen, läuft Sponsoring unter "Einnahmen aus Veranstaltungen" oder "Sonstige Einnahmen". Sie ist damit nach Ansicht von LobbyControl kaum nachvollziehbar, intransparent und steht dem Lobbyismus nahe. Obwohl Deutschland Parteien staatlich finanziert, gibt es kaum Unterschiede zu Großbritannien und Frankreich dabei, sich über Zuwendungen aus der Wirtschaft oder Organisationen weitere Einkünfte zu sichern. Deswegen werden von verschiedener Seite Obergrenzen oder gar ein Verbot für Parteispenden sowie eine Aufnahme des Sponsorings ins Parteiengesetz gefordert.[4]

Bundestagspräsident Lammert, der die Affäre in NRW als rechtlich in Ordnung bezeichnet hatte, erntete dafür im April 2010 scharfe Kritik von den Organisationen LobbyControl, Mehr Demokrate und Transparency International, da er in einem Interssenskonflikt um seine CDU-Parteifreunde stehe. Die Organisationen forderten eine Kontrolle von Spenden und Sponsoring von unabhängiger Seite. Der "Spiegel" hatte zuvor Zahlungen aufgedeckt, bei denen der Verdacht aufkam, dass es sich nicht um Spsonsoring, sondern um versteckte Parteienfinanzierung für die FDP handelte.[5]

Im Jahresbericht 2010 kritisierte Transparency International, dass sich in vielen Ländern die Korruption deutlich ausgeweitet habe und auch in Deutschland weiter Handlungsbedarf bestehe. Parteispenden und -sponsoring müsste ab Beträgen von 10.000 € veröffentlicht werden.[6]

Die "taz", die 2011 eine Datenbank für veröffentlichte Spendeneinnahmen eingerichtet hatte, stellte fest, dass Sponsoring mittlerweile zum festen Bestandteil der Parteienfinanzierung gehöre, beispielsweise um Kosten für Parteitage zu decken. "So zahlt beispielsweise Vattenfall auf Parteitagen zwischen 10.000 und 15.000 Euro für einen Stand in der Größe von 40 Quadratmeter, teilt der Stromkonzern auf taz-Nachfrage mit." Bei den Parteien gebe es jedoch keinen Konsens darüber, was Sponsoring sei und wie man damit umgehen solle. "Wer einer Partei viel Geld geben will, ohne dass es öffentlich wird, muss einfach eine Gegenleistung vereinbaren. Dann wird die Spende zum Sponsoring." CDU und CSU weigern sich, ihre Sponsoring-Einnahmen zu veröffentlichen. An die SPD seien 2009 wegen zweier Parteitage 570.000 € geflossen, 2010 nur 132.000 €.[7] Die SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks sprach sich zwar dafür aus, das Parteiengesetz wegen Sponsoring zu ändern, behauptete aber zugleich, dass dessen Bedeutung nicht zugenommen habe.[8]

Am 9. Oktober 2013 erhielt die CDU von der BMW-Großaktionärsfamilie Quandt Parteispenden in Höhe von 230.000 €. Die Opposition und LobbyControl machten darauf aufmerksam, dass die Spende zeitlich mit einem politischen Treffen in Brüssel zusammenfiel, in der die Bundesregierung strengere Abgasnormen für Autos in Europa verhinderte.[9]

Transparency International und LobbyControl forderten in diesem Zusammenhang eine Reform der Parteispendenvorschriften und eine Begrenzung. Bundespräsident Gauck sieht sich für mögliche Reformen nicht zuständig und verwies auf das Parlament. Er würde aber die Einberufung einer Kommission unterstützen.[10]

Deutscher Bundestag: Dokumente

--> Deutscher Bundestag: Fundstellenverzeichnis der Rechenschaftsberichte
--> Deutscher Bundestag: Parteienspenden über 50.000 € (ab 1. Juli 2002)

Fernsehbeitrag

  • Sponsoring - Einblicke in das Schattenreich der Parteienfinanzierung
    "Transparenz ist Sauerstoff für die Demokratie, und wenn Politiker und Unternehmer sich zu nahe kommen, ist das mehr als eine Stil-Frage. (...) Warum präsentiert sich ein Rüstungsunternehmen auf einem Parteitag? Und was hat es dort mit Anzeigen auf sich? Ein Einblick in das Schattenreich der Parteien-Finanzierung."
Sumpf,_Filz,_Korruption_bei_der_Parteienfinanzierung.flv

Sumpf, Filz, Korruption bei der Parteienfinanzierung.flv

ARD, MONITOR vom 12.01.2012

Weitere Weblinks

--> Wikipedia: Korruption
--> Wikipedia: Lobbyismus

Weitere Quellen

  • Lobbycontrol vom 16.03.2012: "Noch weniger Transparenz herrscht bei dem zweiten Weg, über den Unternehmen und Verbände ihr Geld den Parteien zukommen lassen können: dem Parteisponsoring. Hier ist aus den Berichten weder zu entnehmen, wie viel die einzelnen Parteien durch Sponsoring eingenommen haben, noch wer gesponsort hat und damit natürlich auch nicht, wer wie viel gesponsort hat. In den Berichten verschwinden die Sponsoringeinnahmen unter dem Posten “Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit.”" Rechenschaftsberichte der Parteien offenbaren Transparenzprobleme
  • t-online.de vom 25.06.2012: "Im vergangenen Jahr hatten Unternehmen 384.755 Euro für das Fest springen lassen. Große Geldgeber waren unter anderem der Reisekonzern TUI mit 10.000 Euro sowie der von Carsten Maschmeyer gegründete Finanzdienstleister AWD mit 20.000 Euro." Niedersächsische Landesregierung feiert in Berlin

Einzelnachweise

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